Sieh an! Vor fünfzehn Jahren widmete das Kaiser-Heinrich-Gymnasium Hans Magnus Enzensberger zum 75.Geburtstag einen ganzen „Literarischen Abend“; diesmal fragte immerhin Andreas Kuhn, der mit bemerkenswertem Elan den Startschuss abfeuerte, César Keisers Nonsenstext und Literatursatire „das ding“: „Ist’s der Enzensberg, der sumpft?“ Ist das nicht lustig?
Diese Frage war im weiteren Verlauf des „Vorwiegend-heiter“-Programms noch mehrfach zu stellen, etwa wenn OStD Strehler Abiturienten gute Ratschläge fürs Leben mitgab, mit Woody Allens „Ansprache an die Schulabgänger“, in der ein recht melancholischer Clown auslotet, wie viel Spaß einer bedrohlich heillos gewordenen Welt abzugewinnen ist. Oder wenn der Moderator zweimal in einen Karton stieg, um damit dem Künstler Erwin Wurm ebenso seine Reverenz zu erweisen wie der Kunstkurs, angestiftet von Christian Wagner, mit Bildwitzen, die an die Wand geworfen wurden. War das nicht lustig? Homerisches Gelächter war eher die Ausnahme – am ehesten noch donnerte es los unter dem Stilblütenregen, den Bernd Franze über das Publikum niedergehen ließ, veranlasst durch Annette von Droste-Hülsfotts (sic!) Gedicht „Am Turme“ (vorgetragen von Susanne Groth), dem (sic!) sich Staatsexamenskandidaten angenommen hatten. Und bei der Szene aus Milo Gavrans „Bier“; in der ein Vater sich über die peinlich der Wahrheit entsprechenden Angaben seines Sohns zu seinen häuslischen Verhältnissen in einem Schulaufsatz nicht genug aufregen kann, lebensecht wiedergegeben von Kaan Ciftci (Sohn) und dem zur Freude aller anwesenden Übersetzer des Stücks, Tihomir Glowatzky - kurzfristig eingesprungen; Krankheit dezimierte die eingeplante Rezitatorenschar; den Ersatzkräften gebührt Dank! Freundliche Aufnahme fanden die so verwickelten wie schlichten Gedanken von Regierungsrat Espe und Gemahlin, die in der Sommerfrische Herrn Assessor Sophus Unverdorben unter die Lupe nehmen – bzw. nimmt -, ob er eine gute Partie für eine der Töchter sein könnte: Theodor Fontane, Quitt (1891) – ein insgesamt nicht humoristischer Roman, der mit seinem zweiten, in den USA spielenden, Teil den Vergleich mit Karl May nahelegt. Mindestens mittlere Stärke erreichte das Lachen bei Mays Schnurre von den Senfindianern aus dem „Ölprinz“ (Susanne Groth). Einen vergleichbaren Ausschlag auf der Skala bewirkte Georg Ringsgwandls Betrachtung über die richtige Betonung des Wortes „Gluten“ (Bernd Franze); und um nichts weniger die glänzende Darbietung von Peter Hacks‘ „Der Bär auf dem Försterball“ durch Sarah Schwital und Fabio Pütz (7a). Nicht ungetrübt konnte die Heiterkeit sein, die Hans Pleschinskis „Ausflug“ erregt – der Autor geht von der leider fiktiven Annahme aus, Hindenburg hätte Hitler am 30.01.1933 einsperren lassen, und schildert das pulsierende Leben im Dresden von 1982, wo Menschen darüber spekulieren, was andernfalls hätte geschehen können, bis hin zu kaum vorstellbaren Luftangriffen und zur Teilung Deutschlands. Jürgen Eckert brachte das eindringlich zu Gehör.
Vor einer Pause, voll mit guter Laune, Gesprächen, Speis und Trank, erzählte Alexander Schall auf seiner Gitarre souverän die „Histoire de faussaire“ von Georges Brassens – akkompagniert, so will’s der Text, auf einem Piano, das mit Tasten, deren Elfenbein nicht vom Elefanten stammt, falsche Töne produziert.
Nicht nur als Lokal- und Regionalpatriot freute sich der Moderator über eine Passage aus dem umfangreichem Werk „Homo ridens“ (3.Aufl. Freiburg 2014) von Lenz Prütting (aufgewachsen in Forchheim), die auf die uroborische Wirkung geloiastischen Lachens, ausgelöst durch Witze, einging (Dorothee Heger, die zuvor schon, einspringend, s. o., eine Episode aus Christa Reinigs autobiographisch grundiertem Roman „Die himmlische und die irdische Geometrie“ zum Besten gegeben hatte.)
Gregor Sedlmeir und Matthias Schleifer überraschten als Sänger mit makabren Geständnissen, formuliert von Tom Lehrer („I hold your hand in mine“) und Georg Kreisler („Herberts blaue Augen“). Gereimten und ungereimten Schmunzelstoff in Versform offerierten die Herren Eckert (ein Abenteuer von Ror Wolfs Hans Waldmann), Kuhn (Ernst Jandl, Von Zeiten) und Schleifer (Friedrich Torbergs Morgensternimitation „Begegnung“); Herr Kuhn verbreitete auch mit der amerikanisierenden Hamlettravestie von Carl Merz und Helmut Qualtinger Frohsinn.
Der Initiator und Manager des Events beschloss es mit dem Text, den er eigentlich nächstes Jahr als allerletzten vor seinem Eintritt in den unverdienten Ruhestand habe präsentieren wollen: H. C. Artmann, Abenteuer eines Weichenstellers: am Ende werden die Seiten eines Buches verklebt. Er schließt freilich nicht aus, dass er sich auch von jenseits der Altersgrenze (die er fast so inbrünstig zu ersehnen scheint wie Kommissar Barudi in Rafik Schamis Kriminalroman „Die geheime Mission des Kardinals“) auf Wunsch einbringen könnte, wie auch immer, dann vor einer nicht nur ansehnlichen, sondern den Musiksaal fast sprengenden Zuhörerschaft. Vielleicht spielt Herr Schleifer dann ja noch einmal mit der linken Hand Klavier und mit der rechten seine gute alte Tenor-Melodica – „avec des touches ne devant pas leur ivoire aux éléphants“…
Serenus Kirchgarten a.G.