Julius Morgenroth und August von Wassermann – zwei ehemalige Schüler der Königlichen Studienanstalt in Bamberg, einem Vorläufer des KHG – waren mit ihren Entdeckungen in der Medizin Anfang des 20. Jahrhunderts gar nicht so weit weg von der Erlangung eines Nobelpreises!
Zu diesem spannenden Thema referierte am Dienstag, den 27. Mai 2025 Dr. Benjamin Kuntz. Leiter des Museums am Robert-Koch-Institut in Berlin, vermittelt durch unsere ehemalige Kollegin Frau Dr. Horn, vor den Schülerinnen und Schülern der 12. Klasse. Der Titel des Vortrags lautete „Jüdische Nobelpreis Aspiranten aus Bamberg“. Besagte zwei Aspiranten waren Schüler der Königlichen Studienanstalt in Bamberg, also des Alten Gymnasiums, aus dem dann später das Kaiser-Heinrich-Gymnasium wurde. Beide Mediziner schufen bahnbrechende Leistungen in ihrer Zeit.
Da ist zunächst Julius Morgenroth (1871-1924), der Schüler und später Kollege des bekannten Paul Ehrlich, dem Entdecker des ersten Antibiotikums, wurde. Morgenroth, der im Ersten Weltkrieg ein Serum gegen Wundinfektion entwickelte, gilt als einer der Mitbegründer der antibakteriellen Chemotherapie, die besonders hinsichtlich der Anfang des 20. Jahrhunderts schwer zu behandelnden bakteriellen Infektionskrankheiten neue Wege der Therapie eröffnete. So wurde Morgenroth im Jahr 1919 der Gründungsdirektor der Abteilung für Chemotherapie am Robert Koch-Institut. Auch herausragend für seine Zeit war, dass er auf seinen Veröffentlichungen die Namen seiner Assistentinnen, Lilly Abraham und Eva Rosenberg, verewigte und ihnen so Repräsentanz schuf. Morgenroth wurde zuletzt 1924 für den Medizinnobelpreis nominiert. Er starb aber im gleichen Jahr mit 53 Jahren an perniziöser Anämie, also Vitamin B12 Mangel. Eine nach ihm benannte Straße in Berlin wurde im Zuge der Arisierung von den Nationalsozialisten wieder umbenannt und erst seit 1996 gibt es den Julius-Morgenrot-Platz in Berlin – dabei handelt es sich jedoch um den wenig repräsentativen Vorplatz des Gesundheitsamtes in Charlottenburg-Wilmersdorf. In Bamberg hingegen ist sein Vermächtnis nicht in der öffentlichen Wahrnehmung präsent – vielleicht kann sich das ein W- oder P-Seminar zukünftiger Generationen am KHG zur Aufgabe machen…
Der zweite bekannte Mediziner, der ebenfalls die Vorläufereinrichtung des KHG besuchte, war August von Wassermann (1866-1925). Er stammte aus der bekannten Bamberger Bankiersfamilie. Im Jahre 1890 ging von Wassermann mit der Absicht nach Berlin, am Königlich Preußischen Institut für Infektionskrankheiten, das Robert Koch leitete, eine Stelle zu erlangen. Zunächst wurde er abgewiesen. Darüber soll er sich nicht gerade zurückhaltend, sondern eher fränkisch impulsiv noch auf den Fluren des Instituts beschwert haben. Und so traf er auf den Leiter der Chemischen Abteilung des Instituts, dieser bot ihm eine Praktikumsstelle an, welche von Wassermann annahm. In der Folge war er zehn Jahre lang Volontär-Assistent – eine unbezahlte Tätigkeit, die er sich wohl aufgrund des Vermögens seiner Familie leisten konnte. Von Wassermann gilt als Wegbereiter der forensischen Medizin, er entwickelte einen Test, der es ermöglichte, Tier- von Menschenblut zu unterscheiden. Ebenso geht auf ihn der so genannte „Wassermann-Test“ für Syphilis zurück – eine der großen Seuchen des 20. Jahrhunderts. Der Mediziner wurde schließlich im Jahre 1913 Leiter des Kaiser-Wilhelm-Instituts für experimentelle Therapie. Allerdings verhinderte der Erste Weltkrieg freie Forschung und auch das Kaiser-Wilhelm-Institut musste „kriegstauglich“ werden. Von Wassermann starb im Jahre 1925. Trotz 45 Nominierungen für den Medizinnobelpreis erhielt er diesen nie. Einen nach ihm benannten Platz in Berlin ereilte das gleiche Schicksal wie die Morgenroth-Straße, auch dieser musste im Zuge der Arisierung weichen und heute findet sich ein neuer August-von-Wassermann-Platz auf einer freien, kargen Rasenfläche in Berlin-Dahlem. In Bamberg gibt es die nach ihm benannt „Wassermannstraße“, unweit des Berliner Rings.
Mit großem Interesse verfolgten die Schülerinnen und Schüler den Vortrag von Dr. Kuntz. Für die zukünftigen Abiturientinnen und Abiturienten gab es vielerlei Einsichten in die Tätigkeit eines Historikers, so erfuhren sie, wie historisch geforscht wird und wo sich z. B. Quellen finden lassen. Im anschließenden anregenden Gespräch gab es etliche interessierte Nachfragen und interessante Antworten. Nahezu reißenden Absatz fanden die acht Exemplare der „Jüdischen Miniaturen“ über Julius Morgenroth und August von Wassermann, die Herr Kuntz zum Verschenken dabei hatte.
Am Ende waren sich alle einig, trotz des Zeitdrucks, den Geschichtsstoff der 12. Klasse zu absolvieren, war das ein neuer und spannender Zugang zum Fach Geschichte!
P. Flache
Literatur:
Kuntz, Benjamin: Julius Morgenroth. Bakteriologe – Immunologe – Mitbegründer der Chemotherapie (Jüdische Miniaturen, hg. v. Hermann Simon, Band 312), Berlin/ Leipzig 2024.
Kuntz, Benjamin: August von Wassermann. Bakteriologe – Immunologe – Pionier der Serodiagnostik (Jüdische Miniaturen, hg. v. Hermann Simon, Band 337), Berlin/ Leipzig 2025.